Kopfbedeckung mit Eliteanspruch
Im Kaiserreich und vielfach auch noch in den 1920er Jahren waren Jungen und - teilweise auch Mädchen - mit Schülermützen eine alltägliche Erscheinung: Ohne Kopfbedeckung aus dem Haus zu gehen galt als ungehörig. Überdies entsprach ein uniformes Erscheinungsbild dem Zeitgeist. An den höheren Lehranstalten war das Tragen von Schülermützen bereits im 19. Jahrhundert zur Pflicht gemacht worden. Auch an den Lyzeen (Mädchenschulen) und den Mittelschulen wurden zeitweise Schülermützen eingeführt, weil man sich von ihnen einen gewissen Korpsgeist versprach.
Vorbildgebend für die Schülermützen waren zum einen die Uniformen der Militärs, zum anderen aber auch die Kopfbedeckungen der Studentenverbindungen. Jede Schule hatte eigene Regeln, was Form und Farbe der Schülermützen betraf. Zu Beginn des Schuljahrs wurden die Schülermützen beim Hutmacher in Auftrag gegeben. Wer zwei Jahre hintereinander dieselbe Mütze trug, war leicht als Sitzenbleiber zu erkennen, weil sich die Mützenfarbe von Klasse zu Klasse änderte.
Den Nationalsozialisten galten die Schülermützen als reaktionär. Sie entsprachen keinesfalls dem Bild eines ‚neuen Deutschlands‘ und wurden folgerichtig verboten.
Nach dem 2. Weltkrieg wurden die Schülermützen an einigen Gymnasien wieder eingeführt. Mit ihnen bekannte man sich zu einer Schultradition und teils auch zu einem Elitedenken, denen sich auch eine Vielzahl der Schüler verpflichtet fühlte.
Politisch eher links gerichteten Schülerinnen und Schülern waren die Schülermützen ein Dorn im Auge, symbolisierten sie ihrer Meinung nach doch eine überkommene, von Hierarchien und autoritären Strukturen geprägte Schultradition, die sie ablehnten.
Wie am Gymnasium Paulinum in Münster hielten etliche Schüler aber auch an den Schülermützen fest, wie ein ehemaliger Lehrer der Schule berichtete: „Und ich fand das auch in Ordnung, dass die (Schüler) sich nach außen bekannten: ‚Wir sind Pauliner! Und wir stellen einen gewissen Elite-Anspruch‘.“
Christiane Cantauw