Das Konterfei des Revoluzionärs Che Guevara ist längst zur Medienikone geworden und findet sich u.a. auch auf Babykleidung.

Che Guevara auf der pinken Handtasche.

Zum Nachleben einer Stilikone der 68er-Bewegung

„Che“ habe versucht, „eine gerechte Gesellschaft aufzubauen, sich für die Schwachen und Unterdrückten einzusetzen, wofür er mit seinem Leben bezahlt hat“ – dieser Ausspruch eines unserer Zeitzeugen bringt auf den Punkt, warum der argentinische Arzt Ernesto „Che“ Guevara in den 1960er Jahren zum Idol einer ganzen Generation wurde. Neben Fidel Castro war der marxistische Guerillaführer eine der zentralen Figuren der Kubanischen Revolution (1953-1959), die den Sturz des damaligen kubanischen Diktators Fulgencio Batista zum Ziel hatte. Die Guellieros setzten sich jedoch nicht nur für politische Veränderungen, sondern auch für soziale und wirtschaftliche Reformen auf Kuba ein. In den 1960er Jahren bemührte sich Che Guevara mit Gleichgesinnten die Grundgedanken der kubanischen Revolution auch in andere Staaten zu tragen (Kongo, Bolivien). Nach einem Verrat wurde Che vom bolivianischen Militär gefangen genommen und am 9. Oktober 1967 während seiner Haft erschossen. Seine Ermordung hat nicht unerheblich dazu beigetragen, ihn zum Helden linker Unabhängigkeits- und Befreiungsbewegungen zu machen.  

Das weltweit bekannteste Foto von Che Guevara wurde am 5. März 1960 von dem Kubaner Alberto Korda bei einer Trauerfeier aufgenommen. Die schwarzweiße Porträtfotografie trägt den Titel  „Guerrillero Heroico“ (dt. „heldenhafter Guerillakämpfer“). Sie zeigt Che Guevara mit halblangen dunklen Haaren, einem Bart sowie einem Barett auf dem Kopf, das mit einem Stern bestickt ist. Mit ernster Miene blickt er in die Ferne, wodurch der Guerillaführer nachdenklich und entschlossen zugleich wirkt.

Bereits Mitte der 1960er Jahre wurde das Foto als Poster gedruckt und fand sich in manch einem Jugend- oder Studentenzimmer wieder. Auch unser Zeitzeuge besitzt ein Poster von Che Guevara, welches er noch während seiner Schulzeit Mitte der 60er-Jahre von einem „politisch gleichgesinnten Freund“ geschenkt bekommen hatte. Dies war seinerzeit durchaus etwas Besonderes, denn offiziell erwerben konnte man solche Poster in Ostwestfalen nicht. Folgerichtig hielt er es lange Zeit in Ehren, indem er es  an prominenter Stelle an der Wand platzierte – zuerst in seinem Zimmer im Elternhaus, später in der Studentenwohnung und schließlich im Arbeitszimmer. Erst in den 80er-Jahren verschwand das Poster schließlich im Keller und wurde dort aufbewahrt, bis wir es  als Leihgabe für unsere Ausstellung erhielten.

Die Fotografie „Guerriliero Heroico“ hat ihre Strahlkraft bis heute nicht verloren. Sie findet sich auf Plakaten, Tassen und T-Shirts, Handtaschen, Babystramplern, Krawatten, Schuhen, Wallpapers und Bikinis. Viele, die sich diese Merchandise-Artikel kaufen, wissen überhaupt nicht, wer Che Guevara gewesen ist, geschweige denn, dass sie sich mit seinen Ideen auseinandergesetzt hätten. Für sie stellt der Revolutionsführer, der politisch bei weitem nicht unumstritten war (und ist), lediglich ein romantisches Ideal von Unangepasstheit dar.  

Der Aufstieg des Che-Portraits zur Medienikone macht unseren Zeitzeugen aber eher wütend, stellt sie doch in seinen Augen die Kommerzialisierung des antikapitalistischen Widerstands dar, die Che Guevara für ihn verkörpert: „Das ist die größte Heuchelei für mich, der Kapitalismus schmückt sich mit den Federn eines sozialistischen Revolutionärs, den er als seinen größten Feind zuvor beseitigt hat“.

Tamara Seifried