Pop, Protest und Provokation begegnen der Besucherin bereits vor dem Eingang zum Museum (LWL/Foto. Cantauw)

1968. Pop, Protest und Provokation.

Eine Ausstellung im Museum für Westfälische Literatur - Kulturgut Haus Nottbeck

Auf dem Innenhof des Literaturmuseums Haus Nottbeck wird die Ausstellungsbesucherin gleich auf das Thema eingestimmt: Pop (Marx, Lenin und Mao von Blumen umrankt), Protest (“Niemand ist illegal“) und Provokation (Peacezeichen aus Pflastersteinen) – wobei die Zuordnung des Dargestellten zu den drei Schlagworten ebenso gut auch anders erfolgen könnte. 

Auch im Museumsinneren (die Sonderausstellung ist in die Dauerausstellung eingefügt) geht die Präsentation immer wieder in diese drei Richtungen, die weniger ein Spannungsfeld als ein Konglomerat miteinander verwobener und ineinander übergehender Denk- und Arbeitsansätze markieren.

Die Grenzen zwischen Pop, Protest und Provokation verschwimmen ein ums andere Mal, wenn es gegen den Vietnamkrieg, gegen die Umweltverschmutzung, gegen den autoritären Staat, gegen das Zechensterben, gegen das so und nicht anders geht: Das allseits bekannte Foto der Kommune I mit den nackten Rückansichten der Bewohner wird als Schablone genutzt für diesen Protest, der sich auch in Westfalen in Prosa und Poesie Luft machte.

Dabei fungiert die gesamte Ausstellung auch als Provokation: indem sie sich dem unmittelbaren, leicht konsumierbaren Verstehen verweigert und ein assoziatives, sich in Windungen annäherndes und an dem Dargestellten reibendes Begegnen einfordert. Vietnamkrieg und experimentelle Lyrik, Franz-Josef Degenhardt und das Zechensterben vereinen sich ähnlich wie in einer Zeitschrift – die Seiten des Jugendmagazins „Twen“ hängen in der Ausstellung auseinandergerissen nebeneinander – zu einem Gesamteindruck, der das Experimentelle, Unfertige, Selbstgemachte und nicht die glatte Oberfläche feiert.

Westfalen und die westfälische Literatur kommen hier selbstverständlich nicht zu kurz. Immer wieder wird aus der Fülle der literarischen Zeugnisse zitiert, wobei der umfangreiche Katalog durchaus noch tiefere Einblicke zu geben vermag.

Im ersten Obergeschoss geht es weiter mit Kurzfilmen, die zeitgenössische Poesie und Prosa mit heutiger Bildsprache in Kontakt bringen. Auch hier gibt es keine leicht zu konsumierenden Aussagen und Denkvorgaben, sondern Verstörendes, Skurriles und Widerspenstiges, das dem Besucher/ der Besucherin einiges abverlangt, gleichzeitig aber auch in den Bann zieht, zur Diskussion anreizt.

1968. Pop, Protest und Provokation will – jenseits dieser drei Vorschläge –  keine Antworten darauf geben, was „68“ war und ist, sondern zeigt Möglichkeiten auf, die auch im Unfertigen, Selbstgemachten und Widerspenstigen liegen konnten und können.         

Die Ausstellung ist noch bis zum 28. Januar 2018 im Museum für Westfälische Literatur - Kulturgut Haus Nottbeck zu sehen.

Christiane Cantauw